Aktuelles

Aktuelles

Regionale Arbeitsmarktvorausschau

.

Abgeordneten Newsletter

Nr. 07/2020 – 29.05.2020

Regionale Arbeitsmarktvorausschau

Die Grafiken(Fotos) hierzu, finden sie im Anschluß an den Text.
Quelle für Text und Grafikfotos: Regionaldirektion Baden-württemberg der 
Arbeitsagentur Stuttgart

Stefan Fuchs, Anja Rossen, Duncan Roth, Rüdiger Wapler, Antje Weyh

Das Corona-Virus hat weitreichende Auswirkungen auf die Wirtschaft und den Arbeitsmarkt in Deutschland. Das IAB geht in seiner Bundesvorausschau von einem Einbruch des Bruttoinlandsproduktes (BIP) im zweiten Quartal um 14,6 Prozent aus, an den sich eine langsame Erholung anschließt, so dass das BIP im Jahresdurchschnitt 2020 um insgesamt 8,4 Prozent zurückgeht. Die Auswirkungen auf den Arbeitsmarkt machen sich in einem starken kurzfristigen Anstieg in der Zahl der Arbeitslosen auf mehr als 3 Millionen Personen bemerkbar. Dieser Anstieg kann im weiteren Verlauf des Jahres 2020 in Teilen kompensiert werden.
Im Jahresdurchschnitt nimmt die Arbeitslosigkeit insge- samt um etwa 520.000 Personen gegenüber dem Vorjahr zu, was einem Anstieg um knapp 23 Prozent entspricht. Zur historischen Einordnung dieser Vo- rausschau bietet sich ein Vergleich mit der Veränderung der Arbeitslosigkeit während der Wirtschafts-und Finanzkrise der Jahre 2008 und 2009 an. Da- mals gab es den mit knapp 9 Prozent im Vergleich zum Vorjahresmonat höchsten Anstieg in der Zahl der Arbeitslosen im August 2009.
Die Ergebnisse der Bundesvorausschau basieren auf einer Reihe von Annahmen dazu, welchen Einschränkungen die wirtschaftliche Aktivität in den verschiedenen Branchen im Jahresverlauf unterliegen wird. Da zum momentanen Zeitpunkt nicht absehbar ist, inwiefern sich das Corona-Virus weiter aus- breiten wird und welche Eindämmungsmaßnahmen notwendig sein werden, sind diese Annahmen mit großer Unsicherheit behaftet. Dies führt dazu, dass auf eine Berechnung von Ober- und Untergrenzen der Vorausschau verzichtet wird.

Zusätzlich zur Bundesvorausschau stellt das IAB mit der hier vorliegenden Analyse eine regionale Arbeitsmarktvorausschau bereit. Diese gibt eine Einschätzung der kurzfristigen Entwicklung der Arbeitslosigkeit im Durchschnitt der Monate Mai, Juni und Juli 2020 auf der Ebene der Bundesländer und der Agenturbezirke. Angesichts der Unsicherheit in Bezug auf die weitere Entwicklung der Arbeitslosigkeit verwenden wir ein geeignetes Format, um die Ergebnisse der Vorausschau darzustellen. Hierfür sortieren wir zunächst die einzelnen Bundesländer (bzw. Agenturbezirke) nach der Höhe der erwarteten prozentualen Veränderung der Arbeitslosigkeit.
Anschließend werden die verschiedenen Regionen in drei etwa gleichgroße Gruppen, sogenannte Terzile, zusammengefasst. Die erste Gruppe beinhaltet dabei die Regionen, die, unserer Einschätzung nach, kurzfristig die geringsten Veränderungsraten der Arbeitslosigkeit haben werden, während die dritte Gruppe die Regionen mit den höchsten Raten beinhaltet. Damit auch eine quantitative Einschätzung der weiteren Entwicklung möglich ist, weisen wir zudem die niedrigste und die höchste erwartete Veränderungsrate für die Regionen in der mittleren Gruppe aus.
Um einen besseren Vergleich der Bundesländer bzw. Agenturbezirke mit Blick auf die Höhe der Arbeitslosigkeit zu ermöglichen, berichten wir dann die auf Basis der Vorausschau erwarteten Arbeitslosenquoten und ihrer Veränderung im Vergleich zum Vorjahreszeitraum. Die Ergebnisse werden in unterschiedlichen Darstellungsweisen präsentiert. Zum einen die Entwicklung der Arbeitslosigkeit im Vergleich zum Vorjahreszeitraum und zum anderen – um einen „Corona-Effekt“ abschätzen zu können – im Vergleich zum Trend, den wir ohne Corona erwartet hätten.

Im Folgenden werden diese Darstellungsweisen näher erläutert.

Im Vergleich zum Vorjahreszeitraum hoher relativer Anstieg der Arbeitslosigkeit vor allem im Süden der Republik
In der ersten Darstellung vergleichen wir die erwartete Zahl der Arbeitslosen im Durchschnitt der Monate Mai, Juni und Juli 2020 mit dem Durchschnitt in diesen drei Monaten im Jahr 2019. Diese Ergebnisse beinhalten neben den Effekten, die die Corona-Krise auf den Arbeitsmarkt hat, auch andere kon- junkturelle Einflüsse sowie langfristige strukturelle Entwicklungen wie z. B. den demografischen Wandel.

Auf der Ebene der Bundesländer zeigt sich ein klares räumliches Muster (siehe Abbildung 1). Besonders starke relative Anstiege in der Zahl der Ar- beitslosen werden für die südlichen Bundesländer Baden-Württemberg, Bayern, Hessen und Rheinland-Pfalz sowie für Hamburg erwartet. Die übrigen westdeutschen Bundesländer (mit Ausnahme von Bremen) sowie Berlin und Thüringen liegen in der mittleren Kategorie, für die wir einen Anstieg zwischen 30 und 39 Prozent im Vergleich zum Vorjahreszeitraum erwarten. Brandenburg, Mecklenburg-Vorpommern, Sachsen, Sachsen-Anhalt sowie Bremen bilden die Gruppe von Ländern, in denen der erwartete Anstieg der Arbeitslosigkeit mit weniger als 30 Prozent vergleichsweise gering ausfällt.
Zum Vergleich: Während der Wirtschafts- und Finanzkrise gab es den höchsten Anstieg der Arbeitslosigkeit mit 34 Prozent in Baden-Württemberg im August 2009 (im Vergleich zum Vorjahresmonat).


siehe Foto Abb. 1

Was bedeuten diese relativen Anstiege der Zahl der Arbeitslosen für die Veränderung in den Arbeitslosenquoten der Bundesländer in Prozentpunkten? In einem nächsten Schritt berechnen wir zunächst die Arbeitslosenquote für die Monate Mai bis Juli, die sich aus der erwarteten Veränderung der Zahl der Arbeitslosen ergibt und ermitteln dann die Differenz zur Arbeitslosenquote des 1 entsprechenden Vorjahreszeitraums.

Für den Zusammenhang zwischen der Änderung in der Zahl der Arbeitslosen und der Differenz der Arbeitslosenquoten in Prozentpunkten gilt dabei Folgendes: Nimmt beispielsweise die Zahl der Arbeitslosen in einem Bundesland um ein Drittel zu, dann entspricht die Differenz der Arbeitslosenquoten einem Drittel der Arbeitslosenquote des Zeitraums Mai bis Juli 2019. Betrug die Arbeitslosenquote beispielsweise 6 Prozent, ergibt sich ein Anstieg der Arbeitslosenquote um 2 Prozentpunkte. Abbildung 2 veranschaulicht die Differenz der Arbeitslosenquoten in Prozentpunkten zwischen Mai bis Juli 2019 und 2020 auf der Ebene der Bundesländer.
Diese Betrachtungsweise relativiert die starken räumlichen Unterschiede, die in Abbildung 1 zu sehen sind. Für die Mehrzahl der Bundesländer erwarten wir einen Anstieg der Arbeitslosenquote um rund 2 Prozentpunkte. Etwas höhere Anstiege ergeben sich in den drei Stadtstaaten, leicht niedrigere in Brandenburg und Sachsen.
Dass der Anstieg der Arbeitslosenquote in Bayern und Baden-Württemberg nur durchschnittlich, in Hessen und Rheinland-Pfalz unterdurchschnittlich ausfällt, obwohl für die Zahl der Arbeitslosen ein über- durchschnittlich starker Zuwachs erwartet wird, ist darauf zurückzuführen, dass das Ausgangsniveau der Arbeitslosenquote in diesen Bundesländern relativ niedrig war. Im Gegensatz dazu ist der Anstieg der Arbeitslosenquote im Stadtstaat Bremen trotz vergleichsweise geringen Anstiegs in der Zahl der Arbeitslosen überdurchschnittlich groß.
Auch in Berlin, Mecklenburg-Vorpommern, Nordrhein-Westfalen, im Saarland und in Sachsen-Anhalt entfallen die Anstiege in der Arbeitslosenquote auf eine höhere Kategorie als der Zuwachs in der Zahl der Arbeitslosen. Diese Divergenz ist auf ein vergleichsweise ho- hes Ausgangsniveau der Arbeitslosenquote zurückzuführen.

1 Zur Berechnung der Arbeitslosenquote wird die Bezugsgröße, die bis April 2020 zur Berechnung der offiziellen Arbeitslosenquoten gilt, verwendet. Die offizielle Bezugsgröße für den Zeitraum Mai 2020 bis April 2021 ist zum Zeitpunkt der Erstellung nicht verfügbar gewesen.

siehe Foto : Abb. 2

In Abbildung 3 zeigen wir schließlich die Arbeitslosenquote, die sich im Durchschnitt über die Monate Mai bis Juli 2020 der Vorausschau zufolge für die einzelnen Bundesländer ergeben würde. Trotz eines besonders hohen Anstiegs in der Zahl der Arbeitslosen erwarten wir für die südlichen Bundeslän- der eine Arbeitslosenquote, die mit unter 7 Prozent in der niedrigsten Kategorie liegt.
Da die ursprüngliche Arbeitslosenquote in diesen Bundesländern relativ niedrig war und der Anstieg der Arbeitslosenquote ebenfalls nicht über- durchschnittlich stark ausfällt, bleibt auch die erwartete Arbeitslosenquote vergleichsweise niedrig.
Im Stadtstaat Bremen und in Sachsen-Anhalt hingegen werden zwar vergleichsweise niedrige Zuwächse bei der Arbeitslosigkeit erwartet, die daraus resultierende Arbeitslosenquote liegt jedoch in der höchsten Kategorie, weil die Arbeitslosigkeit in diesen Bundesländern auch schon 5 vor Corona relativ hoch war. Baden-Württemberg, Bayern, Hessen und Rheinland-Pfalz gehörten auch im Jahr 2019 zu den Bundesländern mit den niedrigsten Arbeitslosenquoten, während Berlin, Bremen, Nordrhein-Westfalen und Sachsen-Anhalt die höchsten Arbeitslosenquoten aufwiesen. Sachsen ist das einzige Bundesland mit vergleichsweise geringen Zuwächsen der Arbeitslosigkeit und gleichzeitig geringer Arbeitslosenquote. Strukturelle Unterschiede in der Arbeitslosigkeit zwischen den Bundesländern werden somit trotz des enormen Effektes, den die Corona-Krise auf den Arbeitsmarkt hat, nicht aufgelöst (siehe hierzu auch S. 11ff bei der auch der Effekt von Corona auf den Anstieg der Arbeitslosigkeit genauer betrachtet wird).


siehe Foto : Abb. 3

Die Vorausschau auf Agenturbezirksebene (Abbildung 4) erlaubt eine differenzierte Betrachtung, mit der sich auch Unterschiede in der Entwicklung der Arbeitslosigkeit innerhalb eines Bundeslandes darstellen lassen. Hierbei fällt zunächst auf, dass in Baden-Württemberg und Bayern für fast alle Agenturbezirke kurzfristig ein besonders deutlicher relativer Anstieg der Arbeitslosigkeit im Vergleich zum Vorjahr erwartet wird. In anderen Bundesländern stellt sich die Vorausschau hingegen heterogener dar. In mehreren westdeutschen Bundesländern gibt es Agenturbezirke, die häufig an den Außengrenzen der Bundesrepublik liegen, in denen ebenfalls ein besonders hoher Anstieg der Arbeitslosigkeit erwartet wird. Demgegenüber stehen verschiedene Agenturbezirke in Niedersachsen, in Teilen des Rheinlands und des Ruhrgebiets in Nordrhein-Westfalen sowie in Hessen, bei denen ein vergleichsweise gerin- ger Anstieg erwartet wird. In Ostdeutschland werden für einige Agenturbezirke in Mecklenburg-Vorpommern und grenznahe Agenturbezirke in Sachsen sowie für die Städte Chemnitz und Leipzig und den Agenturbezirk Halberstadt in Sachsen-Anhalt höhere Anstiege erwartet als für das entsprechende Bundesland.

 

siehe Foto : Abb. 4

Abbildung 5 stellt für die Agenturbezirke die Veränderung der Arbeitslosenquoten in Prozentpunkten dar, die mit den in Abbildung 4 dargestellten Anstiegen der Arbeitslosigkeit einhergehen. Im Gegensatz zu dem vergleichs- weise strukturierten Bild in Abbildung 4, in dem fast alle Agenturbezirke Ba- den-Württembergs und Bayerns einen relativ hohen Zuwachs in der Zahl der Arbeitslosen erfahren, stellt sich die erwartete Veränderung der Arbeitslosen- quote weniger einheitlich dar. In vielen Agenturbezirken Bayerns und Baden- Württembergs (sowie teilweise auch in Hessen) fällt der erwartete Anstieg der Arbeitslosenquote in die niedrigste oder die mittlere Kategorie, was sich durch ein vergleichsweise niedriges Ausgangsniveau der Arbeitslosenquote erklä- ren lässt. In den Agenturbezirken Bayreuth-Hof, München, Nürnberg und Passau (Bayern), Mannheim und Waiblingen (Baden-Württemberg) sowi

Korbach (Hessen) werden vergleichsweise hohe Anstiege der Arbeitslosen- quote um mindestens 2,1 Prozentpunkte erwartet. Gründe für diesen relativ hohen Anstieg sind entweder ein vergleichsweise hohes Ausgangsniveau der Arbeitslosenquote oder ein besonders starker prozentualer Anstieg der Ar- beitslosenzahlen.

In verschiedenen Agenturbezirken Niedersachsens sowie Brandenburgs und Sachsens geht ein niedriger prozentualer Anstieg in der Zahl der Arbeitslosen einher mit einer geringfügig höheren Arbeitslosenquote. Im Gegensatz dazu ergibt sich für die Agenturbezirke des Ruhrgebiets sowie für einzelne Agen- turbezirke in Ostdeutschland (Bernburg, Greifswald, Halle, Magdeburg, Sangerhausen) trotz eines vergleichsweise geringen prozentualen Anstiegs in der Zahl der Arbeitslosen ein überdurchschnittlich hoher Anstieg in der Ar- beitslosenquote. Der hohe Anstieg der Arbeitslosenquote weist dabei auf ein relativ hohes Niveau der ursprünglichen Arbeitslosenquote hin. In einzelnen westdeutschen Agenturbezirken (Bayreuth-Hof, Flensburg, Frankfurt, Mann- heim, München, Neuwied, Paderborn, Passau und Waiblingen) ergibt sich ein besonders großer erwarteter Zuwachs bei den Arbeitslosenzahlen sowie ein vergleichsweise starker Anstieg der Arbeitslosenquote. In Ostdeutschland ist dies einzig für den Agenturbezirk Suhl der Fall.

siehe Foto : Abb. 5

Die implizierte Arbeitslosenquote im Durchschnitt der Monate Mai bis Juli 2020 wird in Abbildung 6 dargestellt. Wie im Fall der Bundesländer zeigt sich auch bei den Agenturbezirken, dass ein besonders hoher prozentualer Anstieg der Arbeitslosigkeit sowie der Arbeitslosenquote nicht dazu führen muss, dass auch die erwartete Arbeitslosenquote für Mai bis Juli 2020 besonders hoch ausfällt. Dies liegt daran, dass die Veränderung in der Arbeitslosenquote trotz vergleichsweise hohen Zuwachses in der Zahl der Arbeitslosen relativ niedrig ausfallen kann, wenn das Ausgangsniveau der Arbeitslosenquote ge- ring war. Die Arbeitslosenquote der meisten Agenturbezirke Bayerns und Ba- den-Württembergs sowie einzelner Agenturbezirke in anderen Bundesländern bleibt vergleichsweise niedrig, auch wenn der erwartete Anstieg der Arbeitslosigkeit in die höchste Kategorie entfällt. Auf der anderen Seite weisen Agenturbezirke in Nordrhein-Westfalen und in Teilen Ostdeutschlands trotz eines vergleichsweise niedrigen Anstiegs der Arbeitslosigkeit weiterhin eine hohe Arbeitslosenquote auf.


siehe Foto : Abb 6

Die Auswirkungen der Corona-Krise auf die Arbeitslosigkeit: deutliche Abwei- chungen vom Trend
Das Ziel der zweiten Darstellungsweise ist es, die Auswirkungen der Corona- Krise auf die kurzfristige Entwicklung der regionalen Arbeitslosigkeit genauer abzuschätzen. Hierfür muss zunächst das hypothetische Szenario bestimmt werden, wie sich die regionale Arbeitslosigkeit ohne die Corona-Krise entwi- ckelt hätte. Um diese Einschätzung vorzunehmen, betrachten wir zunächst die Veränderung der Arbeitslosigkeit vom Durchschnitt der Monate Januar bis April auf den Durchschnitt der Monate Mai bis Juli in den Jahren 2015-2019. Anschließend vergleichen wir die Veränderungen in der Arbeitslosigkeit über diese Jahre und schreiben diese Veränderung linear fort. Beträgt die Verän- derung der Arbeitslosigkeit in einer Region zwischen den Monaten Januar bis April und Mai bis Juli im Jahr 2015 beispielsweise -6 Prozent, im Jahr 2016 - 5 Prozent, im Jahr 2017 -4 Prozent, im Jahr 2018 -3 Prozent und im Jahr 2019 -2 Prozent, gehen wir davon aus, dass die entsprechende Veränderung im Jahr 2020 -1 Prozent betragen hätte, wenn es die Corona-Krise nicht gegeben hätte. Durch diese Trendbetrachtung wird sichtbar, in welchen Regionen sich der Arbeitsmarkt auch ohne Corona voraussichtlich schlechter entwickelt hätte. Demnach wäre für die ostdeutschen Regionen mit weiterhin recht ho- hen Rückgängen in der Arbeitslosigkeit zu rechnen gewesen, während sich insbesondere im Süden der Republik die Situation anders darstellt.

Anschließend berechnen wir die Differenz in der Veränderung der Arbeitslo- sigkeit zwischen diesem hypothetischen Szenario und unserer aktuellen kurz- fristigen Vorausschau für den Durchschnitt der Monate Mai bis Juli 2020. Im Vergleich zu den Ergebnissen der ersten Vorausschau zeigt sich ein ähnli- ches räumliches Muster (siehe Abbildung 7): Kurzfristig fällt der Anstieg der Arbeitslosigkeit gegenüber der Fortschreibung des Trends der letzten Jahre in den südlichen Bundesländern sowie in Hamburg besonders hoch aus.
Die meisten anderen Bundesländer Westdeutschlands (mit Ausnahme von Bre- men und dem Saarland) sowie Berlin, Mecklenburg-Vorpommern und Thüringen in Ostdeutschland finden sich in der mittleren Kategorie wieder. Für diese Bundesländer gilt, dass die Veränderungsrate der Arbeitslosigkeit um 29 bis 34 Prozentpunkte höher ausfällt als dies in einem Szenario ohne Corona- Krise erwartet worden wäre. Einen geringeren Anstieg der Arbeitslosigkeit infolge von Corona weisen die übrigen ostdeutschen Bundesländer Brandenburg, Sachsen-Anhalt und Sachsen sowie in Westdeutschland der Stadtstaat Bremen und das Saarland auf.


siehe Foto : Abb. 7

Dass die erwartete Entwicklung der Arbeitslosigkeit innerhalb der meisten Bundesländer nicht einheitlich ist, zeigt Abbildung 8. Während in Bayern für alle Agenturbezirke ein sehr hoher Anstieg infolge von Corona erwartet wird, weisen einzelne Agenturbezirke in Baden-Württemberg einen niedrigeren An- stieg der Arbeitslosigkeit auf. Während Hessen und Rheinland-Pfalz auf Bun- deslandebene in der Gruppe mit dem höchsten erwarteten kurzfristigen An- stieg der Arbeitslosigkeit sind, finden sich Agenturbezirke in diesen Bundes- ländern in allen drei Kategorien. Die Agenturbezirke Nordrhein-Westfalens lassen sich grob in eine weniger stark betroffene Gruppe im Südwesten und eine stärker betroffene Gruppe im Nordosten unterteilen. In Niedersachsen und Schleswig-Holstein gibt es grenznahe Agenturbezirke, für die wir einen hohen Anstieg erwarten, während für andere Agenturbezirke ein weniger starker Anstieg erwartet wird. Auch innerhalb Ostdeutschlands gibt es große Un- terschiede mit besonders hohen erwarteten Anstiegen in Halberstadt, Plauen, Rostock und Suhl, während sich in allen ostdeutschen Flächenländern auch Agenturbezirke finden, für die wir einen vergleichsweise niedrigen Anstieg der Arbeitslosigkeit erwarten.



siehe  Foto : Abb. 8

Fazit :

Während die Wirtschafts- und Finanzkrise nur in manchen Bundesländern große Anstiege der Arbeitslosigkeit verursachte und in anderen Bundeslän- dern nahezu gar keine Arbeitsmarktauswirkungen zu beobachten waren, trifft Corona den deutschen Arbeitsmarkt flächendeckend. Überall steigt infolge der Corona-Krise die Arbeitslosigkeit in hohem Ausmaß – teilweise um mehr als 50 Prozent. Hierbei sind Unterschiede zwischen den Bundesländern klar zu erkennen: besonders hohe prozentuale Anstiege in der Zahl der Arbeitslo- sen im Süden, hohe im Westen und Norden sowie weniger hohe im Osten. Diese Einteilung verdeckt jedoch, dass, mit wenigen Ausnahmen, sich in allen Bundesländern Agenturbezirke finden, in denen die Arbeitslosigkeit beson- ders stark, durchschnittlich oder vergleichsweise weniger stark zunimmt. Die Corona-Krise zeigt also kleinräumig betrachtet recht differenzierte Wirkungen. Die großen Unterschiede zwischen den Bundesländern fallen jedoch weniger eindeutig aus, wenn man die Auswirkungen auf die Veränderung der Arbeits- losenquote betrachtet. Aufgrund eines relativ niedrigen Ausgangsniveaus der Arbeitslosenquote fällt der Anstieg in der Arbeitslosenquote trotz eines hohen prozentualen Anstiegs der Arbeitslosigkeit in den südlichen Bundesländern eher geringer aus. Im Gegensatz dazu erwarten wir für andere Bundesländer, die schon vor der Corona-Krise relative hohe Arbeitslosenquoten hatten, ei- nen höheren Anstieg der Arbeitslosenquote, obwohl der Zuwachs in der Ar- beitslosigkeit relativ gering ausfällt. Auch für die Veränderung in der Arbeitslosenquote gilt, dass die erwartete Entwicklung innerhalb eines Bundeslandes nicht einheitlich sein muss, sondern bisweilen auch größere Unterschiede zwischen Agenturbezirken bestehen können.

Trotz regionaler Unterschiede in der Entwicklung der Arbeitslosigkeit bleiben strukturelle Unterschiede zwischen den Bundesländern weitestgehend beste- hen, so dass die meisten Länder mit einem vergleichsweise hohen (niedrigen) Anstieg der Arbeitslosigkeit weiterhin eine relativ niedrige (hohe) Arbeitslo- senquote aufweisen. Nur in Sachsen zeigt sich ein unterdurchschnittlich hoher Anstieg der Arbeitslosigkeit bei einer vergleichsweise niedrigen Arbeitslosen- quote. Im Gegensatz dazu finden sich jedoch auch einzelne Agenturbezirken, in denen ein vergleichsweise hoher Anstieg der Arbeitslosigkeit mit einer be- sonders hohen Veränderung in der Arbeitslosenquote einhergehen.

Methodische Hinweise

Die methodische Vorgehensweise ist sehr ähnlich wie bei der Erstellung der Regionalen Arbeitsmarktprognosen, die zuletzt im Herbst 2019 erschienen sind (siehe Regionale Arbeitsmarktprognose - Stand: Herbst 2019). Es wur- den neun unterschiedliche Zeitreihenmodelle angewendet und in jedem Modell eine Vorausschau für die Monate Mai bis Juli 2020 berechnet. Anschlie- ßend wurde ein (gleich gewichteter) Durchschnitt aus den Einzelergebnissen gebildet. Gleichzeitig gehen die Werte der Bundesvorausschau – in denen wiederum nationale und internationale Einflüsse berücksichtigt werden – als weitere Erklärungsgröße in das Gesamtmodell für jede regionale Einheit ein. Die Ermittlung der Trends ohne Corona erfolgte mittels linearer Regressions- modelle.

Literatur

Rossen, Anja; Roth, Duncan; Wapler, Rüdiger; Weißler, Marco; Weyh, Antje (2019): Regionale Arbeitsmarktprognosen (Stand: Herbst 2019). In: IAB- Forum, 26.09.2019
Weber, Enzo; Bauer, Anja; Fuchs, Johann; Hummel, Markus; Hutter, Chris- tian; Wanger, Susanne; Zika, Gerd (2020): Der Arbeitsmarkt in der schwersten Rezession der Nachkriegsgeschichte. In: IAB-Forum, 24.04.2020.


Hinweis in eigener Sache : die mündliche , sowie schriftliche Genehmigung der Regionaldirektion Baden-Württemberg zur Veröffentlichung auf unserer website liegt vor.
Vielen Dank für die Freigabe und Erlaubnis !





JavaScript scheint momentan in Ihren Browsereinstellungen deaktiviert zu sein.
Bitte nehmen Sie eine Änderung dieser Einstellung vor und laden Sie die Webseite neu, um deren volle Funktionalität zu ermöglichen.